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Der Mann, der Schumi stürzt
Fernando Alonso - Der junge Formel-1-Star im Porträt
Eine Viertelstunde vor dem Start ist es noch still in der Renault-Garage. Überall stehen High-Tech-Geräte herum, in der Luft liegt ein Hauch von Gummi und Öl. Ein kleiner, kräftiger Mann im blauen Overall durchquert die Garage, bedächtig, mit eigenartig kreiselnden Schulterbewegungen. Von seinen Augen sieht man einzig ein Paar buschige schwarze Augenbrauen, darunter glänzt eine verspiegelte Sonnenbrille wie eine Ölspur in der Sonne. Dann stört der knisternde Boxenfunk die Stille: „Noch 15 Minuten!“ Gleich startet der Große Preis von Europa auf dem Nürburgring, und Fernando Alonso betritt die Arena.
Der spanische Rennfahrer, den sie den „Torero“ nennen, lässt sich nicht gern ablenken. Auf dem Weg zu seinem Auto, dem soliden R 25, will er am liebsten allein sein. Seltsam starr wirkt der junge Mann, dessen Augen verborgen bleiben, er scheint keine Gefühle zu haben. Welches Feuer in diesem Moment in Alsonso lodert, verbirgt die Brille. Nähme er sie ab, würde man jetzt dieses beängstigende Blitzen erkennen, das seinen krankhaften Ehrgeiz nach draußen scheinen lässt. Der Torero ist hier, um den Stier zu töten.
Nachdem er die Box durchschritten hat, geht alles ganz schnell. Die Garage füllt sich mit 20 Mechanikern in feuerfesten Overalls, der Countdown läuft im 15-Sekunden-Takt, und dann schießt Alonso aus der sechsten Startposition auf den Nürburgring. Schon in der ersten Kurve kollidiert der R 25 leicht mit Ralf Schumachers Toyota, in der Box geht die Angst um, aber der Torero bleibt cool – wie immer: „Ich habe alles unter Kontrolle.“ Eine Stunde, 31 Minuten und 46,648 Sekunden sowie zwei Boxenstopps später wird Alonso seinen fünften Grand-Prix-Sieg nach Hause gefahren haben. Etwas glücklich, weil seinem Hauptgegner Kimi Räikkönen, der schon wie der sichere Sieger aussieht, in Runde 34 eine Radaufhängung um die Ohren fliegt. „Meine größte Sorge in diesem Moment war es, dass Trümmerteile meinen Renault R 25 beschädigen könnten“, sagt Alonso später, „dann blieb ich ganz ruhig und brachte die letzten Meter bis zur Zielflagge hinter mich.“
Wer ist dieser in sich ruhende PS-Torero, was für ein Kopf steckt hinter der Spiegelbrille?
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