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Kladde der kreativen Kaste
Wie der Notizbuch-Hersteller Moleskine seine Produkte China billig produziert und trotzdem weltweit teuer verkauft. Ein Marketing-Märchen
(...)Die Suche nach dem Körnchen Wahrheit führt nach Paris. In der Rue de l'Ancienne Comédie gibt es ein sehr altes Café, ein winziges Antiquariat, ein Modehaus und cremefarbene Häuser mit französischen Balkonen. Schreibwarengeschäfte gibt es keine. "Nein, eine Papeterie hat es hier nicht gegeben, auch in den achtziger Jahren nicht." Danielle Tetard ist sich ziemlich sicher. Die grauhaarige Buchhändlerin steht im hölzernen Türrahmen der "Libraire du Camée" und schüttelt den Kopf.
Bruce Chatwin machte nie einen Hehl daraus, frei zu fabulieren. Und so lenkt auch die Moleskine-Entwicklerin Maria Sebregondi ein: "Wir haben das Objekt selbst geschaffen, aus den besten Merkmalen berühmter Notizbücher." Das Namen gebende Englischleder gehört offenbar nicht dazu. Sonst aber habe sie Picassos und Van Goghs Originale genau gemustert, beteuert die Designerin. Wie viel davon stimmt? Francesco Franceschi, der frühere Chef der Firma, hat die Antwort auf diese Frage längst gegeben: "Das ist Marketing, keine Wissenschaft. Es ist nicht die absolute Wahrheit."
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