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Revolution mit Nadel und Faden
ARGENTINIEN Halbzeit für Néstor Kirchner. Unter einem ungewöhnlichen Präsidenten versucht das Land, nach der großen Krise wieder auf die Beine zu kommen. Neuerdings leistet sich der südamerikanische Staat ein Sozialsystem. Es fängt allerdings niemanden au
(...) Pariser Haute-Couture-Schauen, ist näher
dran am Glitterleben der oberen Zehntausend,
als es scheint: Hier in einem
Schuppen mitten im Armutsviertel Laferrere,
am Rand der Riesenmetropole Buenos
Aires, näht Toty Flores Designermode. Designermode,
die auf dem Catwalk der Buenos
Aires Fashion Week für helle Begeisterung
sorgte, Designermode, die er sogar in
Tokio verkauft: Arbeitskittel, Symbole ehrlicher
Maloche, mit schrillen Mustern und vor
allem mit einer Parole: „Lass uns Arbeit in
Mode bringen“, mit dem wichtigen Zusatz
„für immer“.
Es sind Kittel und Parolen, die auch in
Magdeburg oder Gelsenkirchen den Nerv
der Zeit treffen würden. Aber wo in
Deutschland das Heer der neuen Ich-AGs
auf die Übergangsförderung von Vater
Staat setzt, hat Toty Flores das Heft selbst in
die Hand genommen. Vom Wirtschaftswachstum
der letzten zwei Jahre (siehe Kasten)
haben die Menschen in Laferrere nichts
gespürt. Es gibt weiterhin kein sauberes
Trinkwasser, nicht genug zu essen und vor
allem: keine Arbeit. „Wir glauben nicht
mehr an eine Lösung von oben“, sagt Flores.
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